Es war mal eine deutsche Übersetzerin, die nach England zog. Eines Tages bat man sie, den Führer für eine berühmte Kirche ins Deutsche zu übersetzen. Sie sah, dass der Text machbar für sie war, allerdings mit ziemlich viel Recherche, und sie entschloss sich, den Auftrag anzunehmen. Sie holte sich Kirchenführer, die auf Deutsch geschrieben waren, und sie recherchierte in Büchern über Architektur, Geschichte, die Bibel, Kunst, Orgelbau und Religion. Zum Glück hatte sie eine Freundin, die Orgel spielte und auch Deutsch und Englisch konnte. Es gab auch zweisprachige Wörterbücher zu Architektur, aber wie alle zweisprachige Fachwörterbücher waren sie nicht ganz zuverlässig – sie musste den Fachwortschatz in beiden Sprachen in einsprachigen Büchern vergleichen. Eine Bibelkonkordanz war eine Hilfe. Manche Termini waren auch in großen, auch älteren, allgemeinen zweisprachigen Wörterbüchern erhalten. Sie sah sich auch die Kirche an. Der Text war nicht immer klar, und Fotos waren auch sehr nützlich. Sie klärte die letzten Fragen mit dem Autor. Am Ende wurde die Übersetzung für gut geheißen, und sie bekam weitere Aufträge für Kirchenführerübersetzungen.
Über die Jahre wurde sie erfahrener auf dem Gebiet, aber jeder Führer brachte neue Schwierigkeiten. Manchmal waren die Autoren Kunsthistoriker, manchmal nicht. Fast immer schienen sie eine geschwollene Sprache zu schreiben, und sie verwendeten lieber das seltene Wort als das alltägliche. Manchmal verwendeten sie auch das falsche Wort, man musste das Fachgebiet kennen, um zu wissen, was gemeint war. Die Übersetzerin versuchte, ein zwar förmliches aber nicht allzu hochgestochenes Deutsch zu schreiben. Es sollte ja eine Übersetzung sein, sie durfte den Ton und den Wortschatz des Autors nicht radikal umkrempeln.
Nun gibt es in Großbritannien sehr viele Leute, die Deutsch können. Manchmal konnte es der Autor, manchmal hatte er einen Bekannten, der Deutschlehrer war. Es ist auch hilfreich für eine Übersetzerin, wenn die Übersetzung von einer zweiten Person durchgelesen wird. Vielleicht fehlt doch ein Wort, vielleicht ist etwas falsch verstanden worden. So kam das Endlayout vom Verlag mit handschriftlichen Notizen zu ihr und sie konnte ihre Arbeit korrigieren.
Bei manchen Führern gab es aber große Probleme. Statt zehn Stellen waren über zweihundert angestrichen. Mal waren alle Zeitformen geändert, mal wollte der Korrektor einen Haufen Anglizismen in den Text bringen. Ein Deutschlehrer wollte längere Sätze und gehobenere Ausdrucke, eine Gruppe von Nonnen, die einen Führer mit abgehobenen Kunstbeschreibungen produziert hatten, behauptete, deutsche Touristen würden nur eine ganz einfache Sprache verstehen. Oft wurde der Satzbau so umgestellt, wie es auf Deutsch nicht möglich ist, und ein englischer Satzbau wurde vorgeschlagen, weil es besser klingt. Oder es wurde ein Synonym eingesetzt, da der Kritiker nur ein Wort kannte, nicht beide. Es kam auch vor, dass der Autor deutsche Bekannte hatte, die die verschiedensten Berufe hatten, aber nichts mit Schreiben zu tun, die aus dem Bauch heraus Fehler fanden, die normale Ausdrucke der deutschen Schriftsprache waren.
Die Übersetzerin hatte sich über lange Jahre in das Gebiet eingearbeitet. So oft sie konnte, wenn es zeitlich ging, besuchte sie die Kirche, um ihren Text zu überprüfen. Jetzt saß sie manchmal stundenlang und schrieb Rechtfertigungen ihres Verständnisses der deutschen Sprache an Kritiker, die selber nicht gut Deutsch schreiben konnten.
Das Schlimme dabei war, dass sie sich am Ende der Aktion immer wie eine Lügnerin vorkam, da sie allein auf weitem Feld ihr eigenes Deutsch befürwortete aber umgeben war von deutschsprechenden Engländern, die anderer Meinung waren.
Was stimmt nicht an dieser Geschichte?
Once upon a time there was a German translator who moved to England and one day was asked if she could translate a small guidebook to a famous church. She looked at the text carefully to see if she thought she could translate it, and she decided she could, albeit only with a lot of research. She collected church guides originally written in German, she researched in books on architecture, history, the Bible, art, organ building and religion. Fortunately she had a friend who could play the organ and spoke both English and German. There were also bilingual dictionarieis on architecture, but they were not very reliable: she had to research the terms of art in monolingual books. She started using a Bible concordance. Some of the vocabulary could be found in large general bilingual dictionaries, including those that were out of date. She also looked at the church. The text wasnt always clear, and she found photos very useful too. She sorted out the last questions with the author, and finally the translation was accepted and she was offered more church guides to translate.
Over the years she became more and more experienced in these translations, but every text had its own difficulties. Sometimes the author was an art historian, sometimes not. They nearly always seemed to prefer a bombastic style, and they preferred unusual words to common ones. Sometimes they even used the wrong word, and it was necessary to know the subject field to understand what they meant. The transaltor tried to write formal but not pompous German. She had to deliver a translation, so she could not radically alter the style and vocabulary used by the author.
Now in Great Britain, there are very many people who can speak German. Sometimes the author spoke German, and sometimes he knew someone who was a German teacher. It is very useful for a translator if the translation is read over by someone else. She may haveleft out a word, or misunderstood something. So the final layout marked by the author was sent to her and she was able to correct her own work.
But with some guides there were great problems. Instead of ten words being queried, there were suddenly over two hundred comments. Sometimes all the tenses were changed, and sometimes the corrector wanted to introduce a lot of anglicisms. A German teacher wanted to have longer sentences and more elevated expressions, while a group of nuns who had written a guide with abstruse descriptions of art claimed that German tourists can only understand very simple language. The syntax was often altered in a way that was impossible in German and English syntax was suggested because it sounds better. Or a synonym was suggested, since the critic knew only the synonym, not the original word. Sometimes, too, the author knew Germans from the most varied walks of life, but who had nothing to do with writing. These acquaintances, relying on their own gut reaction to the text, found mistakes that were actually normal expressions in written German.
The translator had gradually learnt about the subject matter over long years. As often as she could, if she had time, she visited the church to check her text. Now she sometimes found herself sitting for hours writing justifications of her understanding of the German language, addressed to critics who themselves did not write good German.
The terrible thing was that at the end of all this she always felt like a liar, since she was the only person involved who approved of her own German, but she was surrounded by German-speaking English people who did not agree with her.
What is wrong with this story?